Menopause – ein heisses Thema für die Firmen

von | 27. Mai 2024 | Bildung & Beschäftigung, Standort Zug, Zuger Wirtschaftskammer

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Der Chamer Dr. Adrian Krahn und seine Geschäftspartnerin Dr. Joëlle Zingraff haben eine Mission: Sie wollen mit ihrer Firma The Women Circle AG in Risch das Tabuthema Menopause in die Schweizer Unternehmen tragen. Dafür gibt’s gute ökonomische Gründe.

Herr Krahn, Sie wollen Firmen für das Thema Menopause sensibilisieren. Warum ist das nötig?

Es gibt handfeste ökonomische Gründe, auf die Menopause einzugehen. Zum einen haben wir einen Fachkräftemangel, der sich akzentuiert. Zum anderen sind Frauen ab 45 die am stärksten wachsende Arbeitnehmergruppe. Genau diese Gruppe aber scheidet am häufigsten aus dem Arbeitsmarkt aus. Studien zeigen, dass bis zu 15 Prozent dieser Frauen in der Menopausen-Phase aufhört zu arbeiten. Das ist verschwendetes Potenzial.

Über Schwangerschaften darf man am Arbeitsplatz reden, über die Wechseljahre nicht. Stimmt das?

Frauen sind generell stärker diskriminiert wegen ihres Alters – auch jüngere Frauen. Dies aufgrund potenzieller Mutterschaft. Beim Thema Schwangerschaft und Rückkehr an den Arbeitsplatz wurden aber in den letzten Jahren deutliche Verbesserungen erzielt. Bei der Menopause hingegen steht die Wirtschaft an Punkt Null.

Das Thema Wechseljahre in der Arbeitswelt wird vor allem im angelsächsischen Raum getrieben. Wie erklären Sie sich das?

Die Schauspielerin Noemi Watts hat die Bewegung auf Frauenseite befeuert, weil sie öffentlich gestand, dass sie frühzeitig in die Menopause kam. Der Druck auf die multinationalen Konzerne ist in England generell viel grösser. Inzwischen gibt es in einigen Konzernen bereits Menopausen-Policies. Auch in den USA und in Australien ist das Thema schon viel weiter. Hierzulande aber nach wie vor ein Tabu.

Auch im Kanton Zug? Haben Sie da schon Kunden?

Leider nein, wir sind in der Deutschschweiz derzeit vor allem in Zürich aktiv. Generell ist die Westschweiz aber offener für das Thema als die Deutschschweiz.

Was wünschen sich Frauen in den Wechseljahren vom Arbeitgeber denn vor allem?

In allererster Linie wollen sie entspannt darüber sprechen können und sich austauschen. In gewissen Firmen gibt’s etwa eine Menopausen-Champion. Sie ist die interne Ansprechperson, die diesen Austausch auch fördert. Dann wünschen sich Frauen aber auch praktische Dinge wie einen Föhn in der Toilette, um sich bei Schweissausbrüchen trocknen zu können oder kühle Luft zuzuführen. Ferner muss genügend Wasser zur Verfügung stehen oder die Möglichkeit, die Fenster zu öffnen. Basics also.

Das Gros der Führungsposten wird noch immer von Männern besetzt. Ist das mit ein Grund, warum die Menopause dermassen ignoriert wird im betrieblichen Gesundheitsmanagement?

Viele – vor allem ältere Führungskräfte – haben tatsächlich Angst, in ein Wespennest zu stechen bei dem Thema.  Interessanterweise wird es sogar oft von C-Level-Frauen abgewürgt, wie wir beobachten. Das ist schade. Bei den Männern stellen wir zudem fest, dass sie wenig bis nichts darüber wissen und in unseren Awareness-Seminaren sogar froh sind, wenn sie mehr erfahren und dadurch auch lernen, was bei ihren Partnerinnen zuhause in dem Alter abgeht.

Die Männer gehen doch auch eine Veränderung durch.

Richtig. Die Andropause. Und es ist sogar wichtig, dass wir an unseren Sensibilisierungsanlässen auch darauf eingehen. Darauf pochen sogar häufig die Frauen, um einer Stigmatisierung vorzubeugen.

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Grafik 1: Beschwerden der Menopause erhöhen die Wahrscheinlichkeit, noch vor der Pensionierung zu kündigen.

Quelle: Studie «Menopause in the Workplace: Impact on Woman in Financial Services», 2021.
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Grafik 2: Betroffene Frauen wünschen sich Unterstützung vom Arbeitgeber.

Quelle: Forschungsprojekt Menosupport, Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin, Projektlaufzeit 1.10.2022 – 30.9.2023.
Tabuthema Menopause: Die Mehrheit der Frauen ab 45 ist betroffen, doch in den Unternehmen wagen sie kaum darüber zu sprechen, weshalb sie plötzlich Schweissausbrüche, Stimmungsschwankungen, Aussetzer oder Schlafstörungen haben. Dabei können sich die Wechseljahre über das gesamte letzte Berufsdrittel ziehen. Verschiedene Studien zeigen, dass die Menopause zu starken Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz, Krankschreibungen und auch zu Abgängen oder Pensenreduktion führt. In der aktuellen Promedico Umfrage von über 1000 Frauen in Deutschland gaben 52,3% an, dass die Wechseljahre am Arbeitsplatz ein Tabuthema sei. 67% der Frauen fühlen sich unverstanden, 65% wünschen sich eine offene Kommunikation, 57% wünschen sich eine konkrete Unterstützung durch den Arbeitgeber.

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