Es kann jede und jeden plötzlich treffen: Eine Krankheit oder ein Unfall endet mit Einschränkungen. Andere Menschen leben seit Geburt mit Behinderungen. Trotzdem wollen und können die meisten Menschen ihre Fähigkeiten einbringen und eine sinnvolle Arbeit leisten. Genauso vielfältig wie der Arbeitsmarkt sind die Behinderungen und vor allem Qualifikationen und Talente, die sie mitbringen.
Leider ist der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt in der Schweiz für Frauen und Männer mit Behinderungen oft schwierig. Der Anteil der Erwerbstätigen beträgt unter 70 Prozent, bei jenen mit starken Einschränkungen knapp 40 Prozent – bei Menschen ohne Behinderungen sind etwa 84 Prozent erwerbstätig (16- bis 64-Jährige). Dabei wäre die Anstellung von Menschen mit Behinderungen ein gutes Rezept gegen den Fachkräftemangel.
Arbeitgebende, die Frauen und Männer mit Beeinträchtigungen einstellen, haben in ihren Firmen meist ein besseres Arbeitsklima. Das Personal wird rücksichtsvoller und einfühlsamer, verhält sich in der Regel sozialer. Vertrauen, Ehrlichkeit, Toleranz und Fairness werden zentraler. Weil Mitarbeitende mit einer Behinderung es schwer haben, einen Arbeitsplatz zu finden, bringen sie dem Unternehmen eine höhere Loyalität und Treue entgegen. Das vermindert Fluktuationskosten. Menschen mit Behinderungen erleben im Alltag immer wieder Herausforderungen. Sie sind sich deshalb gewohnt, Lösungen zu suchen und zu finden. Sie sind also oft flexibler, kreativer und offener. Durch das Umdenken in Problemlösungsprozessen, das diese Mitarbeitenden mitbringen, entstehen innovativere Lösungen. Das kann die ganze Belegschaft zu kreativerem Denken und Handeln anregen. Ein Unternehmen, das Menschen mit Behinderungen anstellt, zeigt soziale Verantwortung und Engagement und hebt sich von der Konkurrenz ab. Neben den positiven Auswirkungen auf die Kundschaft sind auch Angestellte stärker motiviert, für ein Unternehmen zu arbeiten, das einen guten Ruf hat.
Von diesen Vorteilen profitieren beispielsweise auch die Zuger Unternehmen AbbVie und Amag Group. Unlängst haben sie an einer Veranstaltung der Wirtschaftskammer berichten, dass sich die Anstellung von Menschen mit Behinderungen für sie in vielerlei Hinsicht lohnt.
Teilhabe und Partizipation von Menschen mit Beeinträchtigungen nützen allen. Potenziale und Fähigkeiten sollten abgeklärt und erkannt werden, um sie gewinnbringend einzusetzen. Viele Barrieren sind oft nur im Kopf der Menschen (ohne Behinderungen) – viele Menschen mit Beeinträchtigungen brauchen nur marginale Anpassungen, um eine reguläre Stelle auszufüllen. Mit etwas Kreativität lassen sich in vielen Unternehmen auch Tätigkeitsprofile entwickeln, die auf Personen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit zugeschnitten sind und so andere Fachkräfte entlasten.
Das Thema Inklusion in den ersten Arbeitsmarkt war auch am 9. September 2024 an der inklusiven Landsgemeinde Zug ein zentrales Anliegen. Menschen mit Behinderungen diskutierten mit Kantonsrätinnen und Kantonsräten aller Parteien über die Situation im Kanton Zug. Die Teilnehmenden berichteten von ihren Erfahrungen und zeigten auf, was es braucht, um einer inklusiven Gesellschaft einen Schritt näher zu kommen. Neben dem Thema Inklusion in den ersten Arbeitsmarkt standen bezahlbarer und barrierefreier Wohnraum und politische Teilnahme und Engagement im Zentrum. «Es macht Freude und stimmt mich zuversichtlich, wie aufmerksam den Anliegen der Menschen mit Behinderungen zugehört wurde und wie gross der Wille der Politikerinnen und Politiker ist, die Inklusion voranzutreiben», sagt Heidi Giger, die Beauftragte für Behindertenrechte des Kantons Zug.
Um Firmen bei der Einstellung von Menschen mit Behinderungen zu entlasten, finanziert die IV z.B. räumliche Anpassungen und Hilfsmittel, um die geforderten Tätigkeiten auszuführen. Dort, wo die IV nicht tätig wird, kann neu der Kanton Zug unterstützen – dank des neuen Gesetzes über Leistungen für Menschen mit Behinderung und Betreuungsbedarf (LBBG). So ist auch die Inklusion von Menschen mit IV-Rente über sogenannte Inklusionsarbeitsplätze möglich. Dabei handelt es sich um speziell für Menschen mit IV-Rente angepasste Arbeitsstellen. Der Kanton finanziert unterstützende Fachpersonen, zum Beispiel von der Stiftung Profil – Arbeit & Handicap (www.profil.ch). Diese beraten und begleiten Arbeitgebende und -nehmende. Neu kann der Kanton bei Bedarf auch finanzielle Beiträge an den Support leisten, den Mitarbeitende des Unternehmens für Menschen mit Behinderungen im Rahmen von Inklusionsarbeitsplätzen erbringen. Damit gehört der Kanton Zug schweizweit zu den Vorreitern. Interessierte Betreuungsanbietende oder Arbeitgebende können sich bei Fragen gerne an die Abteilung Behinderung und Betreuungsleistungen, Direktion des Innern, Kanton Zug wenden.