«Risikokapitalgeber haben offenbar ihre Hausaufgaben nicht gemacht»

von | 15. Dezember 2022 | Standort Zug, Zuger Wirtschaftskammer

In der Kryptoszene herrscht nach der Pleite der Handelsplattform FTX Katzenjammer. Was bedeutet das für das Zuger Crypto Valley? Thomas Pentsy, Redaktor beim Finanzportal Finews, ordnet ein.

Thomas Pentsy, Redaktor Finews

Der Skandal um die Handelsplattform FTX erschütterte die letzten Wochen den Finanzmarkt. Die Skepsis gegenüber kryptobasierten Projekten ist deutlich gestiegen. Wie gravierend ist die Situation?
Das Fiasko um FTX hat im Kryptomarkt eine tiefe Vertrauenskrise verursacht.  Die inzwischen konkursite Börse war einer der grössten Handelsplätze für Kryptowährungen. Der spektakuläre Zusammenbruch und die mutmasslichen Betrügereien führen zu einer massiven Verunsicherung, die noch länger anhalten wird und auch breiter abstrahlt.


Wird das Zuger Crypto Valley in Mitleidenschaft gezogen, könnte es zu Folge-Pleiten kommen?
Die Krise wird auch an Zug nicht spurlos vorbeiziehen. Finanzierungen laufen jetzt schwieriger. Eine Flurbereinigung ist jedoch auf lange Sicht gesund, weil so die schwachen Firmen vom Markt verschwinden. Das Crypto Valley wird für den Wirtschaftsstandort Zug aber attraktiv bleiben, denn es profitiert von der im Vergleich zu anderen Ländern strengeren Regulierung in der Schweiz durch die Finma. Die höheren Auflagen bieten mehr Investitionssicherheit, und genau dies sollte man in Zug und der Schweiz als Chance nutzen. Sicherheit und Transparenz sind jetzt gefragt.


Ein Fall FTX wäre in der Schweiz nicht möglich?
Das Risiko ist aufgrund der strengeren Regulatorien sicher deutlich geringer als in fernen Steuerparadiesen mit laxer Regulierung. Aber man muss klar sehen: Die Anklage gegen den inzwischen verhafteten FTX-CEO Sam Bankman-Fried lautet auf Betrug an den Anlegern. Wenn jemand betrügerische Absichten hat, nützen die besten Regulatorien irgendwann nichts mehr. Erstaunlich ist, dass bei FTX sämtliche Kontrollinstanzen versagt haben und etablierte Risikokapitalgeber offenbar ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.


Bewunderung für die Stars der Szene, die Gier nach mehr – macht das blind?
Wenn neue Technologien und Investitionsmöglichkeiten den Markt aufrollen, besteht die Gefahr einer kritiklosen Euphorie. Hier gibt es auch Parallelen zur Dotcom-Blase anfangs der 2000er Jahre.  Diese Krise hat aber damals nicht dazu geführt, dass Internet-Unternehmen verschwinden. Genauso wenig wird der FTX-Skandal der Todesstoss für die Blockchain-Branche sein.


Dann glauben Sie auch nicht, dass im Zuge der jüngsten Ereignisse die Blockchain als zugrunde liegende Technologie für den Handel mit Kryptowährungen zurückgeworfen wird?
Nein. Die Diskussion fokussiert zu stark auf die Verwerfungen der Kryptowährungen, von denen es gegen 20000 gibt.  Die Kurse waren in den letzten Monaten aus verschiedenen Gründen stark unter Druck. Nicht zum ersten Mal notabene. Am längerfristig grossen Potenzial der Blockchaintechnologie ändert das nichts. Die Tokenisierung von Vermögenswerten etwa bietet der Finanzbranche die Möglichkeit, den Aktienhandel und den Zugang zu Wertpapieren effizienter zu gestalten. Das ist gerade für die Banken sehr interessant.

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