Langsam läuft die Arbeitsmarktintegration der Geflüchteten an. Einige Zuger Unternehmen haben Ukrainer angestellt – darunter auch einen Lehrling.
Als die Flüchtlingswelle aus der Ukraine einsetzte und der Schutzstatus S aktiviert wurde, kam da und dort ein sehr optimistisches Bild auf, was die Integration der kriegsgebeutelten Menschen in den Arbeitsmarkt betraf. Inzwischen ist etwas Ernüchterung eingekehrt. Viele Menschen aus dem Kriegsgebeutelten Land waren erst mal gar nicht arbeitsmarktfähig, längst nicht alle sind Programmiererinnen, IT-Spezialisten etc. Auch die Firmen sind aus verschiedenen Gründen teils zögerlich – trotz Fachkräftemangel.
Doch allmählich nimmt die Sache Fahrt auf. Rund 112 Arbeitsbewilligungen hat das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zug bis dato erteilt. Das entspricht, grob gerechnet, knapp 40 Prozent der sofort arbeitsmarktfähigen Personen mit S-Status. Damit steht Zug nicht schlecht da. Ein Blick auf die Branchen, für die die entsprechenden Arbeitsbewilligungen erteilt wurden, zeigt jedoch klare Trends: Bis jetzt haben die Ukrainerinnen vor allem Jobs in der Gastronomie und in der Landwirtschaft (Erntehelfer, Landwirtsch.Mitarbeiterinnen etc.) gefunden.
IT liegt dann dahinter – auch private Anstellungen (Gärtner, Haushalthilfe) sind gut vertreten sowie immerhin Treuhand. Ansonsten scheint die klassische Zuger Dienstleistungswirtschaft Zugs indes noch untervertreten in der Statistik.
Diese Unternehmen/Institutionen haben bereits UkrainerInnen angestellt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Maler-Matter in Baar: Chef Arno Matter (Bild) beschäftigt seit eineinhalb Monaten einen Hilfsmaler aus der Ukraine. Das Ganze ging blitzschnell: “Am Dienstag morgen kam er auf Vermittlung seiner Gastfamilie vorbei, am Mittwoch fing er bereits an”, erzählt Matter. Eine Ausbildung habe der 48jährige Ukrainer keine, aber bis jetzt sind die Erfahrungen gut. Matter, dessen Betrieb 35 Angestellte hat, überlegt sich sogar, noch einen Cousin des neuen Mitarbeiters anzustellen. Er kritisiert die bisherige Zurückhaltung der Zuger Unternehmen: “Das könnte eine gute Integrationsgeschichte werden. Wir müssen jetzt das Momentum ergreifen und Anstellungen wagen – statt nur die Risiken zu sehen”. Damit er die Sprache rasch lernt, bezahlt Matter dem Mann aus der Ukraine, der mit Kindern hierher geflüchtet ist, einen Deutschkurs.
Pädagogische Hochschule Zug (PHZ): Bei der PH stellt man eine Dozentin und Forscherin aus Kiew mit Schwerpunkt Englischunterricht im Teilzeitpensum an. Sie wird die Situation der ukrainischen Flüchtlingskinder an Schweizer und insbesondere Zuger Schulen untersuchen, wie Rektorin Esther Kamm, Mitglied des Ausschusses Bildung bei der Zuger Wirtschaftskammer, bestätigt.
Siemens Zug: Hat bis dato 34 Bewerbungen aus der Ukraine erhalten und inzwischen drei Geflüchtete angestellt: zwei Personen in der IT, eine Person als Aussendienstingenieur.
Roche Rotkreuz: Der Pharmakonzern hat an seinem Standort Rotkreuz soeben einen Lehrvertrag für einen Ukrainischen Lernenden im Beruf “Informatik Applikation EFZ way up plus (auf zwei Jahre verkürzte Berufslehre für Maturanden) unterzeichnet.
Andere suchen noch Jobs oder helfen anders
Igor Voronin gehört zu den Ukrainern, die noch auf Jobsuche sind. Bereits am ersten Tag des Krieges flüchtete er. Da er drei Kinder hatte, wurde er nicht an die Front eingezogen und landete in der Slowakei. Dort lebt er immer noch, doch Voronin, der die letzten Jahre im Mandat für die Schweizer Online-Bank Swissquote arbeitete, sucht einen Job auf dem Finanzplatz Zug, möchte mit der Familie hierhin kommen. “Ich kenne Zug von einem Besuch in der Schweiz. Die Leute da sind offen, innovativ und kreativ”, sagt der Ukrainer, der viele Jahre im Asset Management der Ukrainischen Nationalbank arbeitete.
Doch Zuger Wirtschaftsleute sind auch auf andere Arten aktiv in der Hilfe für die Flüchtlinge. In der Freiwilligenhilfe hier vor Ort oder als Host (siehe Interview mit Andreas Umbach).
Die Zuger Unternehmerin und Investorin Joanna Szymanska-Kok etwa, die in Buonas lebt, hat einen anderen Ansatz. Sie hilft von Zug aus Flüchtlingen in Polen, hat in ihrem Netzwerk gleich zu Beginn rund 30’000 Franken gesammelt und damit unter anderem ein Kloster in Polen mit Schutzbedürftigen unterstützt oder auch Geflüchtete an der Grenze zu Polen. Nach Ansicht von Szymanska-Kok (Gründerin der Firma MediCapital Rent) hat jetzt aber eine andere Phase der Hilfe begonnen: “Jetzt ist es Zeit, das eigene Netzwerk zu nützen, um den Menschen zu Jobs zu verhelfen. Ich bekomme selber sehr viele Anfragen”