Bilaterale III – Interview mit Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung von economiesuisse

by | 2. September 2025 | Abstimmungen & Kampagnen

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Die bilateralen Verträge waren für die Schweiz in den letzten 25 Jahren der Erfolgsweg. Sie brachten Wohlstand, Stabilität und Sicherheit. Doch sie müssen dringend aktualisiert werden. Die Bilateralen III modernisieren deshalb fünf bestehende Abkommen der Bilateralen I und entwickeln den bilateralen Weg mit neuen Abkommen in den Schlüsselbereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit sowie Kooperationen in Forschung und Bildung weiter. Im Interview erklärt Monika Rühl, Direktorin von economiesuisse, weshalb die Bilateralen III für die Schweiz eine grosse Chance sind.

Was macht den bilateralen Weg so besonders für die Schweiz?

Die Schweiz beschreitet mit den Bilateralen ihren einzigartigen Sonderweg. Diese stellen eine massgeschneiderte Lösung dar, die unseren Bedürfnissen entspricht. Wo es im nationalen Interesse liegt, handelt die Schweiz gezielt Abkommen aus. Gerade das Beispiel Brexit zeigt, dass es für die Schweiz entscheidend ist, ihren eigenen Weg langfristig zu sichern. Denn es gibt keine gleichwertigen Alternativen. In Zeiten zunehmender geopolitischer Spannungen und wachsender Unsicherheiten ist die exportorientierte Schweiz umso stärker auf stabile und verlässliche Beziehungen zur EU – unserer mit Abstand wichtigsten und nächsten Handelspartnerin – angewiesen.

Was sind denn nun konkret die Vorteile der Bilateralen III für die Schweiz?

Jede Vorlage hat eine Nutzen- und eine Kostenseite. Es geht darum, eine Abwägung zu treffen. Aus Sicht der Wirtschaft überwiegen die Vorteile bei weitem. Mit den Bilateralen III bietet sich der Schweiz die Chance, den bilateralen Weg weiterzugehen. So kann mit der Aktualisierung der bestehenden Binnenmarktabkommen der privilegierte Zugang der Schweiz zum europäischen Binnenmarkt langfristig gesichert werden. Damit können beispielsweise Produkte, die in der Schweiz zertifiziert wurden, ohne zusätzliche Prüfung in der EU verkauft werden – das spart Kosten, reduziert Bürokratie und stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen, insbesondere der KMU. Besonders wertvoll ist auch die Zusammenarbeit im Rahmen von Kooperationsprogrammen zu Forschung und Innovation. Die Teilnahme an Horizon Europe eröffnet Schweizer Forschenden Zugang zu internationalen Netzwerken und Fördermitteln. Das stärkt die Innovationskraft, hält forschende Unternehmen im Land und sichert langfristig unseren Wohlstand. Auch den Abschluss des Stromabkommens muss man hervorheben. Dieses stärkt die Versorgungssicherheit, reduziert die Stromkosten für die Schweiz und die Bevölkerung massiv und stellt die Integration der Schweiz in den europäischen Strommarkt sicher.

Ein häufiger Diskussionspunkt ist die sogenannte dynamische Rechtsübernahme. Wie schätzen Sie diese ein?

In der ganzen Diskussion geht aktuell unter, dass institutionellen Elemente der Schweiz konkrete Vorteile bringen. So sorgt die dynamische Rechtsübernahme dafür, dass der gegenseitige Marktzugang reibungslos funktioniert und neue Handelshemmnisse gar nicht erst entstehen. Das gibt uns Rechtssicherheit und ist ein wertvoller Pluspunkt der neuen Abkommen. Ihr Anwendungsbereich ist zudem klar begrenzt: Sie betrifft lediglich 95 von insgesamt rund 14’000 EU-Binnenmarktrechtsakten. In der überwiegenden Mehrheit handelt es sich dabei um technische Normen, etwa im Bereich Produktsicherheit oder Zulassungsverfahren. Dabei handelt es sich dabei keineswegs um eine Neuheit. Bereits im Luftverkehrsabkommen (Bilaterale I) sowie im Schengen/Dublin-Abkommen haben wir eine dynamische Rechtsübernahme, ohne je damit Probleme gehabt zu haben.

Was braucht es nun, damit die Bilateralen III Erfolg haben?

Der aussenpolitische Teil der Bilateralen III stimmt mich positiv. Die Schweiz hat gut verhandelt und zahlreiche Ausnahmen erzielt. Innenpolitisch ist nun eine schlanke und unternehmensfreundliche Umsetzung der Abkommen in der Schweizer Gesetzgebung entscheidend. Dafür bietet sich der nach der Vernehmlassung auch der anstehende parlamentarische Prozess zur innenpolitischen Umsetzung an. Ich bin überzeugt: Der Schweizer Weg bleibt ein Garant für Wohlstand und Eigenständigkeit, während gleichzeitig die Versorgungssicherheit und die Innovationskraft weiter gefördert werden. Diese Chance gilt es zu nutzen.

 

Monika Rühl ist seit dem 1. September 2014 Vorsitzende der Geschäftsleitung von economiesuisse. Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft vertritt die Interessen der Wirtschaft im politischen Prozess und setzt sich für optimale Rahmenbedingungen ein.

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