Gesundheitsökonomie-Professorin Katharina Blankart findet die Kostenbremse-Initiative klar zielführender als die Prämien-Entlastungs-initiative. Was die Initiativen wollen – und die Position der ZWK.
Am 9. Juni kommt es wieder zu einem denkwürdigen Abstimmungssonntag. Gleich zwei Initiativen zum Gesundheitswesen stehen auf dem Menu. Die Ansätze sind völlig unterschiedlich.
Prämieninitiative: Die Volksinitiative der SP verlangt, dass höchstens 10 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens für die Krankenkasse bezahlt werden müssen. Wer darüber liegt, hat Anrecht auf Prämienverbilligung. Im schlechtesten Fall würden dadurch ab 2030 Zusatzkosten für Bund und Kantone von bis zu 12 Milliarden Franken entstehen. Die Mehrkosten müssten wohl mit Steuererhöhungen finanziert werden. Ebenso müsste bei Annahme der Initiative definiert werden, was als verfügbares Einkommen gilt und was der Referenzwert bei den Prämien wäre (hohe oder tiefe Franchise).
Für Katharina Blankart, Professorin für Gesundheitsökonomie an Berner Fachhochschule ist die Initiative ein «reines Umverteilungsinstrument», das das Grundproblem der zu hohen Kosten im Gesundheitswesen nicht löse. Die Kostenbremseninitiative sei der bessere Ansatz. Was Blankart aber klar beanstandet, sind die unterschiedlichen Auszahlungsmechanismen in den Kantonen bei der Prämienverbilligung. Hier sei eine Harmonisierung wünschenswert, da die Art der Auszahlungen Auswirkungen auf die Wahl der Franchisen hat.
Bei Ablehnung der Initiative tritt der indirekte Gegenvorschlag des Parlaments in Kraft, ausser das Referendum wird dagegen ergriffen. Dieser Gegenvorschlag schreibt den Kantonen einen Mindestbeitrag für die Prämienverbilligung vor. Das soll gezielter Haushalten in Kantonen helfen, die heute wenig Verbilligung auszahlen. Die Kantone müssten zusätzlich 360 Millionen bezahlen – deutlich weniger als bei Annahme der Initiative.
Kostenbremseninitiative: Sie stammt von der Mitte-Partei und will die Kosten im Gesundheitswesen an die Löhne koppeln. Wenn das Kostenwachstum zwei Jahre nach der Annahme der Initiative das Lohnwachstum um mehr als 20 Prozent übersteigt, müssen Bund und Kantone kostendämpfende Massnahmen ergreifen, falls die Tarifpartner bis dahin nicht schon gehandelt haben.
«Das Gute an dieser Initiative ist, dass sie viel direkter auf das System einwirkt als die Prämieninitiative und eher eine nachhaltige Veränderung bei den Stakeholdern im Gesundheitswesen bewirkt», sagt Katharina Blankart. Sie sieht bei diesem Mecano aber die Gefahr, dass die Kostenkontrolle zu unspezifisch gemacht werde und auch dort gespart werde, wo man besser investieren würde: Beispiel Burnoutprävention/psychische Krankheiten. Dies hätte durch spätere Arbeitsausfälle wieder einen Bumerangeffekt.
Bundesrat und Parlament begründen ihre Ablehnung vor allem mit der Gefahr einer Zweiklassenmedizin. Für Blankart ist klar, dass die erbrachten Gesundheitsleistungen und deren Qualität transparenter gemacht werden müssen. «In der Hinsicht wird die elektronische Patientenakte die Schweiz nach vorne bringen». Ihr Fazit zu den Initiativen: «Es muss nicht bei den Prämien angesetzt werden, sondern wie sich die Gesundheitsausgaben zusammensetzen. Dann müssen wir auch die Prämien nicht anheben».
Auch hier tritt bei Ablehnung ein indirekter Gegenvorschlag des Parlaments in Kraft. Dieser sieht vor, dass der Bundesrat alle vier Jahre festlegen müsste, wie stark die Kosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung OKP maximal steigen dürften. Die Akteure im Gesundheitswesen müssten vorgängig begründen, weshalb und wie stark die Kosten in den einzelnen Bereichen steigen werden. Mit diesen Kostenzielen würde Transparenz über die Kostenentwicklung geschafft. Würden die Kosten unbegründet stärker steigen als vereinbart, müssten Bundesrat und Kantone Massnahmen prüfen.
Die Zuger Wirtschaftskammer empfiehlt, beide Initiativen abzulehnen und somit auf den Gegenvorschlag zu setzen.
Prof. Dr. Katharina Blankart,
Leiterin Gesundheitsökonomie und -politik
an der Berner Fachhochschule
Abstimmung zum Stromgesetz: Die ZWK empfiehlt ein Ja an der Urne
Ebenfalls am 9. Juni 2024 stimmt die Schweiz über das Stromgesetz ab.
Das Parlament hat im Herbst 2023 das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien verabschiedet. Die Vorlage schafft die Grundlagen, um in der Schweiz rasch mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Sonne, Wind und Biomasse zu produzieren.
Das Stromgesetz wird von zahlreichen Personen aus der Politik und Wirtschaft unterstützt. Nur mit einem Ja zum Stromgesetz können wir unsere Stromversorgung langfristig sichern.
Die Zuger Wirtschaftskammer empfiehlt für die Abstimmung zum Stromgesetz die Ja-Parole.