“Die Heizung weiss nicht, was die Lüftung tut”

von | 2. September 2021 | Nachhaltigkeit

Energie sparen ist ein Mega-Thema in den Firmen. Doch häufig scheitert das Vorhaben an banalen Fehlern im Umgang mit den Anlagen im Gebäude. Martin Hofer, Chef der Chamer Firma Wattelse, erklärt, wo die Krux liegt und wie man hohe Energiekosten vermeidet.

Martin Hofer, Geschäftsführer, WATTELSE AG

Herr Hofer, wo können Gebäudebesitzer Energie sparen, ohne dass sie was investieren müssen?
Häufig stimmen die Heizungseinstellungen nicht. Viel Potential liegt auch in der richtigen Regulierung der Lüftung. Beides muss genau aufeinander abgestimmt werden, denn die Heizung weiss nicht, was die Lüftung tut. Wenn zu stark geheizt wird, kühlt die Lüftung um eine bestimmte Raumtemperatur zu erreichen. Die bekämpfen sich sozusagen. Das ist nicht komfortabel und kostet Geld.

Das heisst, häufig wird die Heizung einfach mal aufs Maximum aufgedreht, um sicher zu sein, dass niemand kühl hat?
Ja, es wird oft zu viel Wärmekapazität fürs Gebäude bereitgestellt. Das ist nicht gut. Vor allem bei den Wärmepumpen, die ja jetzt sehr im Trend sind. Diese Wärmepumpen werden ineffektiver, je höher die Wassertemperatur ist, die durchs Haus gejagt wird und dann wieder zurückkommt. Diese sogenannte Rücklauftemperatur darf nicht zu hoch sein. Kommt sie 10° C zu hoch zurück, verursacht das 20 bis 25 Prozent höhere Stromkosten.

Das heisst, Wärmepumpen sind ein sensibles Pflänzchen.
Genau. Sie müssen auf tieferer Leistung laufen als eine Ölheizung, aber dafür kontinuierlich. Wenn man eine Wärmepumpe mit zu hohen Temperaturen überbeansprucht, verkürzt das ihre Lebensdauer, und das geht dann richtig ins Geld für den Gebäudebesitzer.

Ein Problem ist wohl auch, dass zu viele verschiedene Leute an den Heizungen herumfingern.
Ja. Oft wird die Heizung vom Facility Manager einfach mal stärker aufgedreht, wenn jemand in einem Raum über Kälte klagt. Besser aber wäre, zu prüfen, warum nicht genug Wärme in diesen einen Raum gelangt. Das kann nämlich ganz verschiedene Gründe haben. Es ist dann der Job meiner Leute bei Wattelse diesen Problemen auf den Grund zu gehen. Das ist wie Detektivarbeit.

Was genau können Liegenschaftenbesitzer von Wattelse erwarten?
Bei einer einfachen Betriebsoptimierung prüfen wir das Verhalten der vorhandenen Anlagen, entweder mit Hilfe von unserer Technologie oder ohne, je nach Technisierungsgrad. Wenn der Kunde sich für ein Energiesparcontracting entscheidet, begleiten wir ihn über längere Zeit und gehen selber in die finanzielle Vorleistung. Dafür sind wir später an den Einsparungen beteiligt.

Sie reden von Detektivarbeit. Wie muss man sich das vorstellen?
Die Heizungs- und Lüftungsanlagen in Gebäuden sind heute sozusagen im Blindflug trotz PC-Station vor Ort. Weil alles automatisiert ist, weiss man letztlich nicht genau, was abgeht. Unser kleines Gateway-Gerät zeichnet dann erst mal Daten auf. An ihnen lassen sich automatisiert Rückschlüsse ziehen (Künstliche Intelligenz), wie die Anlagen funktionieren – wobei wirklich alles angeschaut wird: Sensoren, Klappenstellungen, Pumpenzustände, Ventilstellungen etc. Am Schluss wissen wir genau, was in welchem Raum zu optimieren ist.

Wieviel können Immobilieneigentümer mit einer Betriebsoptimierung konkret einsparen?
10 bis 15 Prozent Einsparungen liegen immer drin, bei grösseren Anlagen, wo der Hebel stärker ist, können es auch 20 Prozent sein. Selbst bei neuen Gebäuden wird viel Schindluderei getrieben. Anlagen gehen falsch eingestellt in Betrieb, oder aber sie laufen gar nicht erst richtig. Nur merken das die Kunden oft erst zu spät, weil sie einfach darauf vertrauen, dass alles korrekt abgenommen wird bei einem Neubau. Als unabhängiger Bauherrenberater stellen wir sicher, dass der Kunde bekommt, was er gekauft hat.

Das CO2-Gesetz wurde im Juni an der Urne verworfen. Wie hat sich das Ihrer Meinung nach auf die Unternehmen ausgewirkt?
Der Druck auf die Firmen, die Öl- und Gasheizungen durch CO2-neutrale Lösungen zu ersetzen, ist gross. Hier passiert einiges. Nach wie vor fehlt es aber an Sensibilität und Know how, wie bestehende Anlagen energiesparender genutzt werden können. Oft wird Symptombekämpfung betrieben statt Ursachenforschung. Wenn die Kälte im Gebäude plötzlich nicht mehr ausreicht, wird rasch einmal nachgerüstet, obwohl das oft nicht nötig wäre.

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